Jubiläumsveranstaltung 50 Jahre BOG
50 Jahre Bayerische Ostgesellschaft
Anlass zu Rückbesinnung und Standortbestimmung in festlichem Rahmen.
Am 13.11.2023 trafen dazu über einhundert Gäste im Isar-Saal des Münchner Hofbräukellers zusammen, darunter erfreulich viele Weggefährten, die noch den Vorgänger, die „Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zwischen der BRD und der UdSSR" (1973-1993) erlebt hatten und teils jetzt im befreundeten Partnerverband „OstWestWirtschaftsForum Bayern" (OWWF) aktiv sind.
Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende der BOG, Iris Trübwetter, richtete OWWF Präsident Eberhard Sinner ein Grußwort an die Gäste.
Peter Franke, Vorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Ost-West-Gesellschaften betonte die kontinuierliche Mitwirkung der BOG auf überregionaler Ebene, erst durch den früheren Vorsitzenden Dr. Erich Fellmann, später durch die jetzige Vorsitzende Iris Trübswetter.
Eleonore von Rotenhan, Mitglied fast von Beginn an, berichtete davon, dass sie als Repräsentantin der evangelischen Kirche das zivilgesellschaftliche Element neben den vielen Vertretern aus Wirtschaft und Politik vertrat, was dem Vereinsgründer Erwin Essl ein großes Anliegen war.
OWWF Vizepräsident Hermann Pönisch, schon Mitglied des Vorstands und stellvertretender Vorsitzender der Freundschaftsgesellschaft bis 1992 berichtete mit berechtigtem Stolz über den Beitrag der Gesellschaft zum Entstehen der Städtepartnerschaft Kyiv - München. Anlässlich einer von ihm organisierten Reise „Bayern zu Gast in der Ukraine“ im Mai 1989 wurde über eine Radiobrücke die Gründung der Partnerschaft verabredet, die dann im Juli des gleichen Jahres vollzogen wurde. Die Partnerschaften Nürnberg - Charkiv und Regensburg - Odessa folgten bereits ein Jahr später.
Die Brücke zur Gegenwart stellte der Erste Bürgermeister der Gemeinde Taufkirchen, Ullrich, Hermann. Er steht für die von Michael Schanz vermittelte, aus der Not des Krieges geborene Solidarpartnerschaft Taufkirchens mit der Gemeinde Peretschyn in Transkarpatien, zu der die BOG seit nahezu 30 Jahren ein besonderes Verhältnis hat.
Thematischer Schwerpunkt des Abends war das Referat von Dr. Anke Giesen von „Memorial“, das 2022 mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Sie informierte über die „Opposition in der Russischen Föderation" und zeigte eindrucksvoll auf, wie die zunächst sehr vielfältigen oppositionellen Strömungen mit zunehmender Dauer während Putins Präsidentschaft immer weiter eingeschränkt wurden, bis mit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 die Repressionen extreme Formen annahmen und oppositionelle Stimmen eingeschüchtert, eingesperrt oder ins Exil vertrieben wurden.
Nach einem gemeinsamen Essen hatten die eigens aus der Ukraine angereisten Gäste Gelegenheit zur Vorstellung. Olga Barsak, Bildungs- und Sozialreferentin der Gemeinde Peretschyn, zeigte das sehr breite Spektrum der Zusammenarbeit mit unserem Verein, illustriert durch reiches Bildmaterial. Während in ihrer Gemeinde der Schwerpunkt unserer Hilfe auf der Förderung bedürftiger Kinder und seit Kriegsbeginn der Unterstützung von Binnenflüchtlingen liegt, zeigte Bürgermeisterin Maria Koval Masiuta (Onokivska), welchen Beitrag unser Verein bei Infrastrukturprojekten in ihrer Gemeinde leisten konnte.
Ein weiterer Bereich unserer Arbeit wurde von Dr. Hanns-Werner und Karla Hey vorgestellt. Beide brachten 2006 ihre Initiative für medizinische und soziale Unterstützung in Kirgistan in den Verein ein, was 2020 mit dem Erwerb eines eigenen Hauses für das Frauenschutzprojekt „NUR" gipfelte. Auf die brennende Problematik der medizinischen Hilfe für die ukrainische Zivilbevölkerung wies schließlich Dr. Jörg Lohse hin. Das von ihm und Dr. Hey initiierte Projekt einer mobilen Klinik im ehemals russisch besetzten Bezirk Vyshorod (nördlich an Kyiv angrenzend) läuft gerade an und ist dringend notwendig in einem Land, dessen soziale Infrastruktur nach all den Zerstörungen ruiniert ist. Mit diesem Blick auf die brennenden aktuellen Probleme in Kirgistan und der Ukraine schloss der Abend, der zeigte, dass entschlossenes Handeln von Menschen, denen die Not der anderen nicht gleichgültig ist, Hoffnung macht.
Zur Geschichte des Vereins und dem aktuellen Stand seiner Projekte erschien eine 40-seitige Broschüre mit dem Titel „50 Jahre für Völkerverständigung und Frieden“.
Interview mit Frau Dr. Anke Giesen in der TZ München (geführt von Klaus Rimpel, Leiter der Politikredaktion Zeitungsverlag tz München)